Entwicklung und Philosophie und des IIV
Unzufriedenheit als Antrieb
Am 16. Juli 1970 wurde in Gießen an der Lahn das Institut für Integrierte Verkehrsbildung in der Bundesrepublik e. V. aus der Taufe gehoben und die erste Satzung beim Amtsgericht in Gießen eingereicht.
Präsident ist Dr. Fritz Vith, Oberstaatsanwalt in Gießen
Vizepräsident ist Walter Kirschbaum, Fahrlehrer in Gießen
Vorausgegangen waren Überlegungen des Giessener Fahrlehrers Walter Kirschbaum, der bei seiner damaligen Ausbildung zum Fahrlehrer die Bereiche Pädagogik und Psychologie, im Gegensatz zu den technischen und rechtlichen Bereichen, als sehr unterrepräsentiert empfunden hatte. Kamen doch die Fahrschüler ohne jegliche Vorkenntnisse im Punkt ‚Verkehrserziehung‘ in seine Fahrschule, um den Führerschein zu erwerben.
Weder im Kindergarten noch in der Schule wurden Grundkenntnisse des Verhaltens im Straßenverkehr vermittelt, ganz zu schweigen von dem Bereich ‚Praxis‘, der sich nach dem Verlassen der Fahrschule mit bestandener Führerscheinprüfung für die ’neuen Führerscheinbesitzer‘ auftrat.
So wurden monatelange Vorgespräche mit Experten, wie z. B. mit dem damaligen ‚Verkehrspapst‘, Dr. Munsch vom TÜV Bayern, den Justizbehörden, dem Giessener Staatsanwalt Dr. Fritz Vith, dem Verkehrsrichter Axel Eimer, der Verkehrswacht des Landes Hessen, unter dem damaligen Vorsitz von Herrn Dr. Petri sowie der Universität Gießen, der Fachhochschule Gießen und den Grund- und Realschulen sowie den Gymnasien geführt.
Die Idee von Herrn Walter Kirschbaum war eine integrierte Verkehrserziehung vom Kindergarten über die Schulen und Fahrschulen bis zum Pensionsalter. Diese Idee ist auch in der Satzung des IIV zugrunde gelegt.
1971 – Die erste große Herausforderung & Anerkennung als Fahrlehrerausbildungsinstitut
Durch die Einführung der neuen StVO 1971 gab es dann die erste große Bewährungsprobe für das IIV, in dem sich fast alle hessischen Fahrlehrer, auch Dank der tatkräftigen Unterstützung durch den damaligen, zuständigen Referenten im Hessischen Verkehrsministerium, Herrn Ministerialrat Dieter Felke, die erforderliche Weiterbildung für die tägliche Arbeit holten.
Während dieser Fortbildungskurse entstand die Idee, Fahrlehrern durch eine besondere Weiterbildung die Möglichkeit zu geben, außer in ihrer Fahrschule auch als Fachlehrer für Verkehrserziehung in Kindergarten, Schulen und sonstigen Einrichtungen als ausgebildeter ‚Verkehrslehrer‘ tätig werden zu können.
So wurde beim IIV als berufsbegleitende Einrichtung, jeweils an den Wochenenden, den praktizierenden Fahrlehrern die Möglichkeit zur Ausbildung als ‚Verkehrslehrer‘ geboten. Eine große Zahl hessischer Fahrlehrerkollegen nahm dies wahr.
Leider wurde diese Idee, welche dann bundesweit als Pilotprojekt ‚EMS‘ forciert wurde, von der Kultusministerkonferenz abgelehnt!
Wenn man heutzutage noch einmal mit Kollegen aus der damaligen ‚Verkehrslehrer-Zeit‘ zusammentrifft, hört man immer wieder, dass diese Verkehrslehrer-Ausbildung die Tätigkeit des Fahrlehrers im theoretischen Unterricht bis in die heutige Zeit sehr positiv beeinflusst hat.
Aufgrund des fachlich sehr gut ausgestatteten Lehrkörpers für die ‚Verkehrslehrer-Ausbildung‘, wie z. B. Verfügbarkeit von Pädagogen, Psychologen, Juristen, Technikern und Fahrlehrern aller Klassen, wurde dem IIV am 4. September 1973 durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt die Anerkennung als Fahrlehrerausbildungsstätte für alle Klassen ausgesprochen.
Kooperation mit hessischen und außerhessischen Partnern
Im gleichen Jahr (1973)wurde mit dem Landesverband der Hessischen Kraftfahrlehrer e. V. ein Kooperationsvertrag im Rahmen gegenseitiger Unterstützung bei der Fahrlehrer-Fort- und Weiterbildung geschlossen.
Auch außerhalb Hessens durchgeführte Fahrlehrer-Weiterbildungsseminare, wie die Spezialseminare bei Daimler-Benz in Wörth und Mannheim, oder die Seminare im damaligen Verkehrsinstitut Kulmbach in Bayern – für die Lkw-Fahrlehrer-Weiterbildung -, waren vor allem Ideen des Institutsleiters Walter Kirschbaum.
Die Zeit nach Walter Kirschbaum bis heute
Walter Kirschbaum trat als Vizepräsident am 11.05.1991 zurück. Als neuer Vizepräsident wurde Heinz Helm, Fahrlehrer aus Hünfeld, gewählt und am 19.10.1991 beim Amtsgericht in Gießen eingetragen.
In der Vorstandssitzung vom 21.01.1992 wurde beschlossen, den Sitz des Institutes von Gießen nach Offenbach zu verlegen. Die Maßnahme war erforderlich, damit eine bessere Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Hessischen Fahrlehrer e.V., mit dem ein Kooperationsvertrag besteht, stattfinden kann.
Von der Gründung des IIV bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1996 hatte Oberstaatsanwalt Dr. Fritz Vith die Präsidentschaft inne. Als Nachfolger trat dann 1996 Dipl.-Ing. Gerd Kölb, der zugleich Fahrlehrer aller Klassen war, die Nachfolge als Präsident des Institutes an.
Dem Vorstand gehörte nun, neben dem Vizepräsidenten Heinz Helm, Fahrlehrer aus Hünfeld, der neuen Präsidenten Gerd Kölb, Dipl.-Ing. und Fahrlehrer aus Limburg an. Eingetragen am 02.08.1996 beim Amtsgericht in Offenbach.
Nachdem Heinz Helm in Jahr 2003 als Vizepräsident zurückgetreten ist, übernimmt Lothar Toepper diesen Vorstandsposten und wird am 28.08.2003 als Vizepräsident beim Amtsgericht Offenbach ins Vereinsregister eingetragen.
Eine größere Satzungsänderung wird am 12.07.2004 in Grünberg beschlossen und am 17.03.2005 beim Amtsgericht in Offenbach eingetragen.
Der Vorstand besteht aus:
Vorsitzender Gerd Kölb, Dipl.-Ing. und Fahrlehrer aus Limburg
Stellvertretender Vorsitzender Lothar Toepper aus Walluf
Schatzmeister Heinz Helm aus Hünfeld
Außer den Fahrlehrer-Pflichtseminaren nach § 53 des Fahrlehrergesetzes wird sich das Institut zukünftig auch um die allgemeine Fort- und Weiterbildung der Fahrlehrer in Spezialseminaren bemühen.
Eine weitere Änderung ergab sich zum 1. Mai 2007. Der seit 1972 bestehende Kooperationsvertrag mit dem Landesverband der hess. Fahrlehrer wurde einseitig durch den Vorstand des Landesverbandes aufgekündigt; Begründung u.a., der Verband möchte künftig die Weiterbildung in eigener Regie durchführen.
Und welche Gedanken stehen nun hinter dem Institutsnamen?
Der Begriff ‚integrierte Verkehrsbildung‘ stammt aus den Anfängen und ist eng mit dem Namen Dr. Gerhard Munsch zu verbinden. ‚…verkehrssinnbildend zu wirken, ist nur erreichbar, wenn bei der Bildungsplanung und Stoffverteilung das Prinzip der Integration Konsequent Bedeutung findet. Streng integriert sein müssen die Ziele und Inhalte der einzelnen Theorie-Lektionen untereinander (…) sowie das Theorie-Kurs-Programm mit dem Programm der praktischen Ausbildung. Damit nicht genug! Streng integriert sein muss auch die Bildungsarbeit der Fahrschule insgesamt mit der Bildungsarbeit anderer Instanzen.‘ (MUNSCH, G.: Der theoretische FahrUnterricht nach der Aufbau-Methode. Kraftfahrer-Dienst des TÜV Bayern e.V. 8/1969) Daraus leitet MUNSCH Entwicklungsstufen integrierter Verkehrsbildung einer Person ab, die sich vom Elternhaus über Kindergarten, Schule, zur Fahrschule und dann weiter zur Weiterbildung von Fahrern ziehen. Die Bemühungen um die Einführung des Berufskraftfahrers haben auch hier ihre Wurzeln, wenn MUNSCH bereits in den 1960er Jahren unter ‚verschiedenen Bedürfnisgruppen‚ die ‚Fahrer von Spezialfahrzeugen‘ genauso wie Ältere und ‚Versager‘ nennt.
Neben der Integration der Stufen der Verkehrssinnbildung schlug MUNSCH auch eine logische Verzahnung der Sachgebiete vor. Soll- und Ist – Zustand des miteinander Verkehrens werden integriert und die einzelnen ‚Sachgebiete‘ aufeinander bezogen.
Im Gegensatz zu diesem Integrationsaspekt stehen Ansätze die einzelne Sachgebiete wie Verkehrspsychologie, Fahrphysik, Verkehrsrecht, praktische Ausbildung voneinander los gelöst nur nach der Logik des jeweiligen Fachgebiets vermitteln.
Das Prinzip der Integration ist eng verwand mit den Ansätzen der Ganzheitlichkeit und Systemorientierung. In vielen Bereichen beschreiben sie dasselbe, oft setzen sie nur andere Schwerpunkte, z.B. die Stärke Betrachtung verschiedener gesellschaftlicher Rollen in ihren Auswirkungen auf das Verkehrsverhalten.
Integration im Sinne von MUNSCH umfasst dabei zwei Ebenen, die der Person und die der Verkehrsumwelt. Auf Seiten der Person war dabei eine zentrale Forderung, dass Verkehrserziehung alle Verkehrsteilnehmergruppen in allen Altersklassen betrifft. Heute sehen wir verschiedene Verkehrsteilnehmerrollen aber auch verschiedene andere soziale Rollen von Verkehrsteilnehmern, die das Verkehrsverhalten betreffen, genauso als Integrationsaspekt wie Fahrmotive und andere Charakteristika einzelner Verkehrsteilnehmer. Im System von MUNSCH war vieles davon unter der Überschrift Partnerkunde bereits angelegt. Durch das 3 A – Training (Alter – Absicht – Aufmerksamkeit) als wesentliches Element der Partnerkunde fand diese Einzug sowohl in die schulische Verkehrserziehung als auch in die Fahrschulausbildung.
Ein Blick in diese Schriften von MUNSCH lohnt sich auch heute noch, als Anregung für die tägliche Arbeit genauso wie zum tieferen Verständnis der Entwicklung im Fahrschulwesen und der sonstigen Verkehrserziehung der letzten Jahre.